2. Dezember

Es hat geschneit, gestern zur Mittagszeit schwebten auf einmal dicke Flocken vom Himmel. Das war ein herrlicher Tanz. Die kleine Katze saß auf dem Fensterbrett und schaute erstaunt zu. Da vergaß sie für kurze Zeit den Ausblick auf das Vogelhäuschen, den sie vom Küchenfenster hat.

Dann wurden die Flocken kleiner, aber der Schneefall immer dichter. Es ist auch kalt genug und so bleibt er liegen. Ich kann mich gar nicht erinnern wann es hier im Flachland das letzte Mal so viel geschneit hat. In meiner Kindheit, da gab es immer viel Schnee und wir konnten auf den kleinen Hügeln in der Umgebung rodeln gehen. Es gab auch immer Eis zum Schlittschuh laufen. Das alles ist eine Seltenheit geworden. Vielleicht fühle ich mich gerade deswegen heute glücklich wie ein Kind.

Um bei den Katzen zu bleiben, ich habe ja vier davon. Zwei Mädels leben im Haus und gehen nicht hinaus. Der Kater ist ein Freigänger, aber der Hunger und die Aussicht auf sein weiches Bett treiben ihn recht pünktlich heim.

Seit ziemlich genau einem Jahr ist eine vierte Katze in unser Leben gekommen. Sie war auch auf einmal da, wie alle anderen. Wir haben sie nur zufällig bemerkt, der Kater hat sie mitgebracht und es gab so ab und an ein Leckerchen. Ich habe in der Umgebung und bei meiner Tierärztin gefragt, wem sie wohl gehört. Aber hier in meinem kleinen Ort da kennt sie keiner, niemand vermisst sie, keiner liebt sie. Sie ist bald ins Haus hereingekommen, aber die Türe musste weit offenbleiben und bei jedem kleinen Geräusch zuckte sie zusammen und brauste hinaus ins Freie. Im letzten Winter hatten wir sie einige Male im Haus, wenn es gar so grausig draußen war. Es war eine Qual für sie, sie verkroch sich und jammerte. Es ist nicht immer alles gut, was man gut meint. Heute ist sie am Abend angekommen, sie war ganz nass und struppig. Schlimm anzusehen, auch Katzen können sich verkühlen und wie kann ich ihr helfen, wenn ich sie nicht zu unserer netten Tierärztin bringen kann? Sie fand es scheinbar auch nicht gut draußen, wir haben die Türe zugemacht und sie hat sich hingelegt recht entspannt hat erst geschnurrt und dann sogar ein wenig geschlafen. Das hat bis jetzt noch nie so einfach funktioniert. Sie hat begonnen uns zu vertrauen, es wird ihr nichts passieren, sie ist sicher und darf sich wohlfühlen. Das Schönste an der Geschichte, sie lässt sich streicheln. Man muss ganz vorsichtig sein und sie erst an der Hand schnuppern lassen. Aber dann lässt sie es zu. Ich bin sehr glücklich, die kleine Streunerin hat mich gezähmt und mein Herz im Sturm erobert. Morgen Früh, darf sie zusammen mit dem Kater wieder hinaus, aber wer weiß, vielleicht möchte sie am Abend wieder bei der warmen Heizung schlafen. Meine Türe ist immer offen. -