Leibesübungen als Quelle des Unbehagens……..Warum bekommt man die Freude an Bewegung nicht gelehrt.

Ich habe heute sehr großen Spaß an Bewegung, so richtig auspowern, herrlich schwitzen, meine Muskeln spüren und ich weiß sehr viel darüber, was und wie man trainiert. Einen Großteil meines Wissens verdanke ich dem Internet und den Vorträgen bei einem dreiwöchigen Kuraufenthalt. Bei einem doch recht fordernden Zirkeltraining ist mit dort bewusst geworden, welchen Sinn diese Art der Anordnung von verschiedenen Übungen hat. Ich hab solche Trainingseinheiten ja noch von meiner Schulzeit her gekannt und meine Erinnerungen daran sind Misserfolg, Demütigung und Scham. Meine Erinnerung an Sport in meiner Schulzeit sind ausgesprochen negativ und ich wäre aus diesen Erfahrungen heraus nie auf die Idee gekommen, dass es irgend eine sportliche Betätigung für mich gibt, die mir Spaß macht.

Mir muss man Dinge gut und anschaulich erklären, ich muss sie verstehen, damit ich sie machen kann. Das hat man versäumt, man hat mir den Zweck nicht erklärt. Einfach zu sagen, weil es gesund ist, das war zu wenig.

Ich komme aus einer Familie, in der Sport keinen Stellenwert hatte. Mein Vater interessierte sich für Fußball, aber nur als Zuseher und meine Mutter war durch Krankheiten so eingeschränkt, dass es auch für sie keine großartigen sportlichen Betätigungen mehr gab.

Was man in seiner Quellfamilie zu Inhalten keinen Kontakt bekommt, dann wir eine Begeisterung für etwas nur schwer entfacht. Jede Familie hat andere Talente. Ich war auch mein ganzes Leben übergewichtig und da hat man es fast unmöglich seine sportlichen Anknüpfungspunkte zu finden.

Ich mache der Schule den Vorwurf, dass, wie in so vielen anderen Bereichen auch im punkto Sport, die gefördert und Liebkind werden, die sich leicht damit tun und die Behäbigen und Ungelenkigen werden ins Aus befördert und müssen froh sein, wenn ein sonst sehr gutes Zeugnis nur mit einem Befriedigend in LÜ ruiniert wird.

Mit Schrecken erinnere ich mich an das Üben des Purzelbaumes, den musste ich in einer gewissen Zeit können und er musste ganz gerade sein und im richtigen Moment abrollen. Meine Mama hat das dann daheim mich daheim abgedrillt, sie hat es ja nur gut gemeint. Ich möchte heute noch heulen, ich hab Angst vor dem Purzelbaum gehabt. Irgendwie hab ich nicht begriffen, wie man den Kopf genug einzieht um sich dann gerade abrollen zu können.

Oder das Hochklettern auf dem Seil, unmöglich. Da musst du dich in einer Reihe anstellten, dann hüpfst zwanzig Mal hinauf, hast ohnehin nie eine Chance, hängst dann kurz und rutscht wieder runter. Alle schauen dich an, schmunzeln, tuscheln und dann bekommst noch einen entwürdigenden Kommentar: " Du wirst das Seil eher abreißen, als dass du hinaufklettern kannst." Den einzigen Erfolg in meiner schulischen Bewegungskarriere hatte ich dann mit Sportarten in denen Kraft gefragt war, wie das Schlagball Werfen.

Geschätzter Leser, du wirst dich sicher fragen worauf ich mit meinem Gejammer hinaus will.

Es hätte ganz bestimmt Trainingseinheiten gegeben, für die auch ich mich begeistert hätte. Auf die ich Aufbauen hätte können, wo ich kleine Erfolgserlebnisse bekommen hätte.  Und wenn man mir in der Oberstufe das Zirkeltraining und seinen Zusammenhang mit dem Muskelaufbau erklärt hätte, dann wäre mir der Sinn dieser Übungen nicht länger unsinnig erschienen. Ich würde alle, die jungen Menschen die Freude an der Bewegung vermitteln sollen bitten, macht das doch wirklich. Spart euch süffisante und zynische Kommentare, die brennen noch Jahrzehnte auf der Seele des Menschen, der sich gerade mit seiner nicht vorhandenen Körperbeherrschung zum Affen macht. Und glaubt mir, auch Dicke sind leistungsfähig, wenn man sie nicht vorführt, dass sie sich vor Angst und Scham vor dem Sportunterricht schnell noch in der Toilette einsperren wollen. Ich hab bis 50 gebraucht die Sinnhaftigkeit einzelner Übungs- und Trainingseinheiten zu begreifen und Freude an Training und Bewegung zu bekommen. Ich hatte Glück, besser spät als nie.